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Dinkel, Spelz und Schwabenkorn

So wird der enge Verwandte des Weizens genannt, der den Geist beruhigt und die Sinne entspannt. Dieser Auffassung ist zumindest die traditionelle chinesische Ernährungslehre. Demzufolge waren Völker, die sich hauptsächlich von Getreide ernährten, friedfertig und haben Kultur hervorgebracht, statt ihr Potenzial in Kriegen zu verschwenden.

In jedem Fall sind im Getreide alle Nährstoffe enthalten, die der Körper braucht. Dies trifft ganz besonders auf den Dinkel zu, denn er hat einen hohen Anteil an Kieselsäure, Mineralstoffen, Vitaminen (zum Beispel A, E, B1, B2) und Niacin, das für die Funktion der Nerven und einen geregelten Stoffwechsel wichtig, sowie zahlreichen Aminosäuren, die die Produktion von heiter stimmenden Hormonen im Körper anregen.

Auch die Äbtissin Hildegard von Bingen (1098–1179) sagte schon, es „macht seinem Esser rechtes Fleisch und rechtes Blut, frohen Sinn und freudig menschliches Denken“. Außerdem fand sie: „Dinkel ist das beste Getreide, (…) kraftvoll und leichter verträglich als alle anderen Körner.“ Viele der  Vorzüge dieses Getreides, die sie schon damals nannte, sind heute wissenschaftlich belegt.

Übrigens wirkt Dinkel außer wärmend auch entgiftend. Kombiniert mit viel Flüssigkeit hat er die Fähigkeit, Schlacken und Gifte aus dem Körper zu leiten.

Auch für die Bauern ist Dinkel eine spannende Getreidekultur. Er ist robust, wenig krankheitsanfällig und gedeiht auch in niederschlagsreichen und höheren Lagen. Da – anders als beim Weizen – durch Düngung seine Ertragsleistung nur begrenzt steigt, wurde Dinkel in den letzten 50 Jahren züchterisch wenig bearbeitet und geriet für viele Jahrzehnte nahezu in Vergessenheit. Um 1900 säten die Bauern in Baden-Württemberg noch auf ca. 12.000 ha Weizen an, für den Dinkel hingegen nutzten sie mit rund 200.000 ha rund 16 Mal so viel Ackerland. Heute sind die Anbauverhältnisse genau umgekehrt.
Seit den 80er-Jahren sorgen aber Bio-Bauern für eine Renaissance des Dinkels – zum Beispiel auf der Schwäbischen Alb, wo die Bedingungen für den Dinkelanbau optimal sind: Wetter gut, Boden gut, die Weiterverarbeitung nur ein paar Kilometer entfernt! Außerdem macht die Demeter-Erzeugergemeinschaft durch jährliche Absprachen mit den Landwirten verlässliche Mengenzusagen und Abnahmeabsprachen – und funktioniert auch deswegen so gut.

Dinkel eignet sich nicht nur für Brot oder Backwaren:

– Unreife Dinkelähren getrocknet und gedarrt ergeben den wohlschmeckenden Grünkern. Diese Art der Konservierung half früher, Hungersnöten zu entgehen.

– Dinkel geröstet wird schon lange als Kaffeeersatz (früher im Volksmund Muckefuck genannt) getrunken.

– Das Bierbrauen aus Dinkel hat eine jahrhundertealte Tradition.

– Der vom Korn abgetrennte Spelz ist kein Abfallprodukt, sondern als Kissenfüllung schon seit Hildegard von Bingens Zeiten ein Mittel zur Entspannung und Schmerzlinderung.