Tierwohl ist ein wichtiges Argument für Menschen, die sich vegan oder zumindest vegetarisch ernähren.
Tierwohl bedeutet für Tierhalter:innen, ein besonderes Augenmerk auf die Bedürfnisse ihrer Tiere zu legen.
Auch Rinder haben Zahnschmerzen
Das fängt mit dem Tierfutter an. Der Verdauungsapparat der Kühe mit vier Mägen ist ganz auf das Verdauen von Zellulose, also Gras und Heu, ausgerichtet. Dementsprechend sollte auch der Futterschwerpunkt darauf ausgerichtet sein. Kühe sehen schlecht und nehmen ihre Umwelt vor allem über Geschmack, evtl. auch über Gerüche wahr. Hochleistungstiere bekommen in der Regel jeden Tag das gleiche Silagefutter, ergänzt durch Kraftfutter, ohne Abwechslung. Würde UNS das tägliche Einerlei schmecken? Untersuchungen an Schlachttieren zeigen einen überdurchschnittlich hohen Anteil von Tieren mit Zahndefekten. Rinder mit Zahnschmerzen? Infolge ihrer Prägung als Flucht- und Beutetiere zeigen die Tiere das nicht. Erkennen können aufmerksame Beobachter:innen das an der Futterverweigerung der Tiere. Doch ohne weiteres Hinterfragen der Ursachen dafür werden diese Tiere häufig schnell vorzeitig geschlachtet. Zahngesundheit war noch nie ein Thema in der Rinderhaltung! Wenn Rinder die Wahl haben, suchen sie sehr genau aus, welche Kräuter und Gräser sie wann fressen.
Weniger Kraftfutter zahlt sich aus
Im Schweizer Kompetenzzentrum für landwirtschaftliche Forschung Agroscope untersuchten Forscher:innen den Kraftfuttereinsatz auf den Höfen. Am rentabelsten zeigten sich ausnahmslos die Betriebe mit geringem Kraftfuttereinsatz. Die Tiere gaben zwar weniger Milch, aber den Landwirt:innen entstanden auch geringere Kosten für den Zukauf des Kraftfutters, für den Tierarzt, Arbeitskräfte, Gebäude und Maschinen.
Stress senken
Rinder sind Herdentiere mit einer eigenen Rangordnung innerhalb der Herde. Das Weidelabor des FiBL (Forschungsinstitut für biologischen Landbau) im schweizerischen Frick kombiniert Freiflächen und Liegeboxen: Die Freiflächen nutzen eher ranghöhere Tiere zur Verdauung, während rangniedere Tiere geschützte Liegeboxen präferieren. Bio-Pioniere haben in den letzten Jahren die Brudertier-Haltung etabliert, die Bruderkälber werden unter entsprechenden Markennamen gehandelt.
Gut für die Kuh sind aber auch weniger Geburten. Dafür verlängern Milchvieh haltende Betriebe die Abstände zwischen zwei Kalbungen. Das gibt den Mutterkühen mehr Erholungszeit, verlängert deren Lebenszeit und sie geben länger Milch. Am Ende des Tierlebens steht die Schlachtung. Um den Stress für die Tiere zu senken, engagieren sich Tierhalter für die Weideschlachtung, die aber gesetzeskonform nur mit hohem Aufwand realisierbar ist.
Fazit
All diese Maßnahmen können Bio-Tierhalter:innen nur gewährleisten, wenn sie für Milch und Fleisch auch ausreichend bezahlt werden. Für einen respektvollen Umgang mit Tieren muss sich niemand ausschließlich vegan ernähren, doch eine fleischreduzierte, pflanzenbetonte Ernährung ist gut für unsere eigene Gesundheit, unser Klima und selbstverständlich für die Rinder, die auf die Weide gehören und nur für kurze Zeiträume in die Ställe.